Der allzeit verfügbare Mann

SchalterZugegeben, ich weiß, was DSDS ist, habe es aber nie länger als fünf Minuten gesehen. Dort sitzt ein entfalteter Dieter Bohlen und sagt öfters Kot; das gilt ihm anscheinend juvenil, und dann sitzen noch drei oder vier weitere Personen da, das ist die Jury. Vor ihnen bemühen sich ein paar Jugendliche mit mehr oder weniger Talent, ein Superstar zu werden. Gelungen ist es seit dem Start dieser Show noch keinem. Einige konnten ihr Talent später ein wenig versilbern, die meisten jedoch waren nur Staffage für die Jury; in der Dieter Bohlen bislang der Topstar war und blieb.

Heute lese ich im Stern online über die Bemerkungen eines Jurymitgliedes namens Michelle über einen Kandidaten namens Prince Damien. Aufmerksam wurde ich darauf durch den Titel: „Ist das echt?“ Michelle und die peinliche Penis-Frage an Prince Damien. Weiter hinten im Text zu dem Auftritt von Prince Damien heißt es:

Zudem ist der gesamte Auftritt gewöhnungsbedürftig. Angefangen bei dem seltsamen Ganzkörper-Tattoo-Anzug (…) Und Jurorin Michelle gefällt noch etwas ganz anderes. Es ist vielleicht einer der peinlichsten Momente in der DSDS-Geschichte. „Ich hab da mal eine Frage“, sagt sie nach dem Auftritt. „Ist das echt?“ Und zeigt auf die Beule im Schritt von Prince.

Der erklärt: „Das haben wir drauf gemacht, damit das nicht nach links oder rechts geht.“ Michelle kichert. „Dreh dich mal zur Seite!“ Moderator Oliver Geißen schreitet ein: „Michelle, wir sind hier in einem Kloster!“ Doch die Schlagersängerin legt nach: „Wenn du jetzt gesagt hättest, es ist alles echt, wäre ich jetzt vorgekommen zum testen!“ (…)

Die restlichen sechs werden (…) in Duisburg gegeneinander antreten. Dann bleibt nur zu hoffen, dass Prince nicht wieder einen hautengen Overall trägt.

Soweit so dumm, so übergriffig, so entlarvend für das Geschlechterbild heute untereinander und der Medien dazu im speziellen. Gerade der Stern, der den Anstoß zur berüchtigten Aufschreikampagne lieferte, indem er en passant in einem Artikel über die Begegnung einer Reporterin mit Rainer Brüderle in einer Hotelbar und dessen Antwort auf die unhöfliche Anmache derselben berichtete. Daraus wurde ein Skandal, der wochenlang die Republik erschütterte, und vornehmlich die „Karriere“ einer „Feministin“ beförderte, die seitdem überwiegend aus Steuereinnahmen und der GEZ-Zwangsgebühr entlohnt wird. Gegen die Obszönität der Michelle bei DSDS, war die Sache Brüderle allerdings etwas aus dem Mädchenpensionat.

Ich frage mich, was ist da mit unserer Wahrnehmung insgesamt schief gelaufen? Hier macht eine Frau einen jungen Mann in übergriffiger Weise vor einem Millionenpublikum an. Sie entblödet sich, was ihre öffentlich-private Angelegenheit ist. Sie beschämt aber auch den jungen Mann, der dazu nur gute Miene zum bösen Spiel machen kann, schließlich geht es für ihn um eine erhoffte Karriere im Show Business.

Hätte Dieter Bohlen in gleicher Weise eine Kandidatin in ihrer Intimsphäre verletzt, dann wäre mit Sicherheit der Punk der Feministinnen abgegangen, und er hätte in verbalem Kot baden können, den er selbst noch nie über seine Lippen gebracht hatte. Dass die Jurorin jedoch so anzüglich und unverblümt werden konnte, ohne gleiches je befürchten zu müssen, liegt meines Erachtens an der grundsätzlichen Missachtung von Jungen und Männern in unserer Gesellschaft. Ihnen wurde die Ehre längst gesamtgesellschaftlich geraubt. Über Jungs und Männer darf Frau ablästern, wie sie will. Sie darf sie diskriminieren, sie als potentielle Sexualverbrecher, als testosterongesteuerte Unholde, gefühllose Monster und gewalttätige Patriarchen bezichtigen. Sie sind im Auge der Frauen die Störfaktoren in einer ansonsten friedlichen Welt. Und sie sind die jederzeit verfügbaren Rammler, die auf Fingerschnipp, die bereite Frau beturnen.

Das ist das Männerbild, das über die Medien verbreitet und in scheinbar abgestimmter Form in zahlreichen Studien kolportiert wird. Männer sind alte, geile, weiße Säcke, die – egal wie alt und farbig sie tatsächlich sind – Frau beschimpfen, beleidigen und denunzieren darf, wann immer sie will. Und die sie auch, wann immer sie will, falsch beschuldigen darf. Vor allem hat der Junge, der Mann das alles klaglos hinzunehmen, denn er ist allein kraft seiner Männlichkeit bereits von Haus aus schuldig. Er ist somit in jeder beliebigen Weise für die boshafte Frau verfügbar.

Und wie gestört das Geschlechterbild ist, zeigt die Schlussbemerkung des Stern: „Dann bleibt nur zu hoffen, dass Prince nicht wieder einen hautengen Overall trägt.“ Handelte es sich hingegen um eine Frau, würde man darum lechzen, sie wieder in einem, jede Schamgrenze verletzenden, exhibitionistischen Outfit sehen zu dürfen, und ihren Mut ob dieser Obszönität bewundern.

Und das, was uns hier öffentlich vorgeführt wurde, erlebt jeder junge und ältere Mann sein Lebtag beinahe alltäglich, auch dann, wenn er im weiten Blaumann gekleidet ist, in dem man nicht einmal seinen ‑ für Frauen meist bemerkenswerten ‑ Knackarsch sieht. In einer solchen Gesellschaft ist es auch selbstverständlich, dass die Vorstellung, Frauen könnten Jungen und Männer, ja auch männliche Säuglinge, sexuell missbrauchen, unvorstellbar bleibt. Und, falls sie dennoch thematisiert wird, als Übertreibung und Lüge oder mit einem „aber nun hab dich mal nicht so“ abgewiesen wird.

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